Historischer Fehlstart 29.01.2016
Schwacher Börsenstart: Allein in den ersten fünf Handelstagen des neuen Jahres verlor der Dow Jones Index über 5% und damit mehr als je zuvor in seiner über 130-Jährigen Geschichte. Doch nicht nur die US-Börse legte einen veritablen Fehlstart ins Börsenjahr 2016 hin, auch global ging es gleich zu Beginn des Jahres bergab: Die Weltmärkte verzeichneten bis Mitte Januar den schlechtesten Jahresauftakt ihrer Geschichte. Ebenso der DAX. Als Begründung dafür mussten Konjunktursorgen in China sowie der weiter fallende Ölpreis herhalten. Doch taugen diese beiden Gründe wirklich, um in tiefen Pessimismus zu verfallen?
Thema China:
Zwar hat das Riesenreich in den vergangenen Jahrzehnten seine Bedeutung für die Weltwirtschaft ständig vergrößert, für die Börse aber spielt China trotzdem nach wie vor nur eine untergeordnete Rolle. Der Anteil chinesischer Aktien an der globalen Börsenkapitalisierung beträgt gerade mal 1%. Unmittelbare Ansteckungseffekte für die Weltbörsen durch den Börsencrash in China aufgrund drohender Abschreibungen westlicher Konzerne auf Beteiligungen an chinesischen Aktien bestehen also kaum. Von größerer Bedeutung ist da schon die realwirtschaftliche Seite. Immerhin trägt die chinesische Wirtschaft mittlerweile rund 18% zum globalen Bruttoinlandsprodukt bei. Allerdings ist der chinesische Beitrag zum Weltwirtschaftswachstum trotz der Wachstumsabkühlung von über 7% in den Vorjahren auf vorläufig nur noch 6,9% in 2015 immer noch äußerst positiv. Von derartigen Wachstumszahlen können andere Länder nur träumen.
Als besonders betroffen von der chinesischen Konjunkturabkühlung gilt dabei Deutschland aufgrund seiner hohen Exportquote. Tatsächlich aber belegt China in der Liste der deutschen Handelspartner nur den 4. Platz - hinter Frankreich, USA und England. Deutschland exportiert in etwa ebenso viel Waren ins Riesenreich China wie in seinen kleinen Nachbarn Holland. Für eine Panik vor möglichen konjunkturellen Ansteckungseffekten von China auf Deutschland scheint es also auch hier keinen rationalen Grund zu geben.
Thema Ölpreis:
Die aktuelle Irrationalität der Börsianer wird auch an der Beurteilung des Ölpreises deutlich. Als der Preis des schwarzen Goldes vor einigen Jahren explodierte und Richtung 150 USD pro Barrel stieg, drückte das gewaltig auf die Stimmung der Börsianer. Schließlich, so die damalige Argumentation, wirke der hohe Ölpreis als eine Art Steuer, die Konsumenten und Unternehmen viele Milliarden aus der Tasche zieht und so die Konjunktur der ölabhängigen Industrienationen abwürge. Folgt man dieser Logik, müssten die Börsianer beim aktuellen Ölpreis von nur noch 30 USD pro Barrel geradezu euphorisch sein. Sind sie aber nicht. Stattdessen interpretieren sie den niedrigen Ölpreis jetzt als negativen Konjunkturindikator frei nach dem Motto: Wenn der Ölpreis so stark fällt scheint die Öl-Nachfrage einzubrechen, es wird also weniger Energie verbraucht, die Wirtschaft schrumpft. Fakt jedoch ist: Der Ölverbrauch ist weiter gestiegen. Nur steht dank hoher Investitionen in die Ölförderung in den Vorjahren derzeit immer mehr Öl zur Verfügung. Das führt zum Preisrückgang. Mit äußerst positiven Folgen. Außer für Öl exportierende Staaten wie Norwegen, Saudi Arabien oder Venezuela oder für die großen Ölmultis. Diese müssen den Gürtel nun enger schnallen. Alle anderen aber, insbesondere die Konsumenten der Industriestaaten und alle Unternehmen außerhalb des Ölsektors, stehen klar auf der Gewinnerseite. Sie sparen Energiekosten und haben mehr Geld für Konsum oder Investitionen zur Verfügung. Die Umverteilung von Ölproduzenten zu Ölverbrauchern beträgt geschätzt rund 1,3 Billionen USD - ein riesiges globales Konjunkturpaket. Grund für Börsen-Pessimismus? Wohl kaum !
Doch wenn die Welt gar nicht so düster aussieht, wie viele Börsianer derzeit zu glauben scheinen, warum kam es dann an der Börse zu einem solchen historischen Fehlstart ? Nun, es handelt sich dabei eben nur um eine Statistik. Ein Kursrückgang von 5%, wie wir ihn Anfang Januar erlebt haben, ist an der Börse viel mehr Normalität, als ein historisches Ereignis. In den letzten 100 Jahren kam es an der Börse über 300 Mal zu einem solchen Rückgang - nur bisher eben nicht innerhalb der ersten vierzehn Tage eines Jahres. Aber was heißt das schon ?