„Yes“ zum Brexit 28.06.2016
Raus aus der EU ! So lautet das ebenso knappe wie überraschende Ergebnis der Volksabstimmung der Briten. Die Börse reagierte prompt: rund 10 % minus verzeichneten DAX und EuroStoxx in den ersten beiden Handelstagen nach dem Referendum. Noch stärker traf es die Briten selbst: Rund 10 % Abwertung des Britischen Pfunds sowie 5 % Kursverlust an der Börse addieren sich für Anleger in britischen Aktien währungsbereinigt zu einem Minus von rund 15 %. Am schlimmsten aber traf es europäische Bankaktien. Diese verloren im Schnitt rund 20 % ihres Wertes in gerade mal zwei Handelstagen. Da drängt sich die Frage auf: Folgt nun der Weltuntergang? Oder etwa eine neue Finanzkrise? Ich denke nicht.
Zur Erinnerung: Das Land Großbritannien befindet sich nicht etwa auf einer Abschussrampe in Cape Canaveral in Erwartung einer One-Way-Reise zum Mars. Der nun anstehende Brexit wird auch kein Brandloch auf der Karte Europas hinterlassen, wo vormals die britische Insel war. Vielmehr wird er, so er denn am Ende wirklich kommt, den Briten ein Assoziierungs-Abkommen bescheren, wie es bereits mit der Schweiz oder Norwegen besteht. Damit lässt es sich offenbar gut leben, zumindest geht es Schweizern und Norwegern wirtschaftlich besser als den meisten EU-Mitgliedsländern. Vermutlich hat die Börse darum, wie so oft auf kurzfristige und überraschende Meldungen, auch diesmal wieder überreagiert. Das wiederum eröffnet langfristig denkenden Anlegern willkommene Einstiegschancen. BMW beispielsweise verkauft seine Autos weltweit und zahlt dank neuer Absatzrekorde fast 5 % Dividende. Trotzdem wurde die Aktie in der Brexit-Panik in Sippenhaft genommen. Jetzt gibt es sie mit 10 % Rabatt zur Vorwoche - und sogar 30 % günstiger als während der Euphorie im April letzten Jahres. Doch Vorsicht: Der Kauf von Einzeltiteln ist und bleibt hoch spekulativ. Erst mit einer breiten Streuung erstklassiger Aktien beteiligt man sich an der Wirtschaft im Ganzen, anstatt auf das Schicksal eines einzigen Unternehmens zu wetten. Letzteres ist schon oft schief gegangen. Davon können nicht nur Telekom- und VW-Aktionäre ein Lied singen. Breit gestreut wären die meisten Börsenunfälle nicht passiert.
So auch aktuell: Mit unseren 50 internationalen Qualitätsaktien haben wir im IAC den Brexit weitgehend unbeschadet überstanden. Weder 10 % wie im DAX, noch 15 % wie bei britischen Aktien und schon gar keine 20 % Verlust, wie bei Banktiteln, standen in den ersten beiden Tagen nach dem Brexit bei uns im Gemeinschaftsdepot auf der Uhr, sondern gerade mal 4 %. Damit müsste es sich angesichts der allgemeinen Panik selbst als sicherheitsorientierter Anleger gut leben lassen. Ganz ohne Schwankungen geht es bei Aktien schließlich nicht. Hinzu kommt: Kursschwankungen sind bei einem breit aufgestellten Depot aus Qualitätsaktien nicht nur unangenehmes Risiko, sondern auch angenehme Chance. Die günstigen Einstiegskurse von heute sind schließlich die Kursgewinne von morgen.
Zurück zum Brexit. Meine persönliche Prognose: Wenn das Thema in einigen Wochen aus den Schlagzeilen verschwunden sein wird und die Anleger sich beruhigt haben, werden die sich wieder fragen, wo sie ihr Geld ertragreich anlegen können. Dann werden sie feststellen: Die Zinsen sind in der Zwischenzeit noch weiter gesunken. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik notieren seit einigen Tagen auch 10-jährige Anleihen mit Negativrenditen. Wo also das Geld anlegen, wenn nicht in Aktien erstklassiger Unternehmen mit üppigen Dividendenrenditen? In gleichem Maße, wie diese Erkenntnis reifen wird, werden die Kurse wieder steigen. Wohl dem, der dann die Kursrabatte im Rahmen der Brexit-Panik genutzt und sich günstig bei Qualitätsaktien eingekauft hat.