Itzehoer Aktien Club

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Alle Monatskommentare aus dem Jahr 2016:

29.12.2016 Bleigießen
30.11.2016 Trump-Jump
29.10.2016 Schlau, schlauer, Schweizer
30.09.2016 Grünes Geld ?
30.08.2016 150 Jahre Nestlé
29.07.2016 Stop-Loss
28.06.2016 „Yes“ zum Brexit
31.05.2016 Crash-Prognosen
28.04.2016 ETF
31.03.2016 Helikopter-Geld
29.02.2016 Aktien im Zwang
29.01.2016 Historischer Fehlstart

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Grünes Geld ? 30.09.2016

gruenes geldWhat´s the color auf money ? Diese Frage stellte der britische Sänger Mark Rogers bereits 1986 in seinem gleichnamigen Chart-Hit. Die Antwort auf die Frage nach der Farbe des Geldes lieferte er gleich mit: „Don´t tell me that you think it´s green, me i know it´s red“. Grünes Geld scheint demnach eine Utopie – aber ist es deswegen gleich (Blut-)rot? Welcher Investor will schon, dass sein Geld Kinderarbeit, Korruption, Umweltzerstörung oder gar Rüstungshersteller fördert? Wohl niemand. Und weil auch die Finanzindustrie das Bedürfnis der Anleger nach einem sauberen Gewissen kennt, hat sie zahlreiche Geldanlagen mit Ethik-, Nachhaltigkeits- oder Öko-Stempel im Angebot. Doch was ist dran an den Geldanlagen für´s Gewissen: Machen sie die Welt wirklich besser? Oder sind sie nur eine moderne Art des Ablasshandels: Man bezahlt - oder verzichtet alternativ auf etwas Rendite - und erhält im Gegenzug ein reines Gewissen?

Öko & Ethik: oft Etikettenschwindel

Problematisch jedenfalls ist, dass es keinerlei gesetzliche Definition für „grüne“, „ethische“ oder „nachhaltige“ Investments gibt. Es liegt also im freien Ermessen der Anbieter, ihre Produkte mit diesen Begriffen zu schmücken. Für viele offenbar ein willkommener Freifahrtschein, um sich so selbst ein vermeintlich sauberes Image auszustellen. Untersuchungen der Stiftung Warentest und der Verbraucherzentralen kamen jedenfalls schon vor einigen Jahren zu dem Ergebnis, dass zahlreiche Anbieter Etikettenschwindel betreiben. So dürfte es viele umweltbewusste Anleger verwundert haben, dass in ihren Öko-Fonds die Aktie des japanischen Energieriesen Tepco enthalten war. Ausgerechnet der Konzern, der den Atomkraftreaktor in Fukushima betrieben hat, bei dessen Explosion eine Nuklearkatastrophe entstand. Auch die VW-Aktie war im letzten Jahr in den wichtigsten Nachhaltigkeits-Fonds und -Indices vertreten. Der Abgasskandal des Konzerns und die Verschleierungspolitik des Vorstands passen allerdings auch nicht wirklich zum Bild eines nachhaltigen Öko-Images. Selbst kircheneigene Fonds, die sich strenge ethisch-moralische Grundsätze auf die Fahne schreiben, haben in der Vergangenheit in Rüstungskonzerne investiert. Erst als die Medien darauf aufmerksam wurden und ein Skandal drohte, hat man die entsprechenden Aktien aus den Fonds verkauft.

"Gut" oder "Böse" ?

Bei diesen Beispielen handelt es sich keinesfalls um Einzelfälle, sondern vielmehr um ein generelles Problem bei der Beantwortung der Frage: Was ist eigentlich wirklich ökologisch nachhaltig und ethisch vertretbar ? Viele Menschen glauben offenbar an eine klare Trennlinie zwischen "gut" und "böse" bzw. schwarz und weiß. Leider ist unsere Welt weder in der Politik noch in der Wirtschaft so einfach gestrickt, sondern sehr komplex. Man kann nun einmal nicht vorher wissen, ob der weltweit größte Konzern für regenerative Energien, der gleichzeitig auch ein Ölkonzern ist und BP heißt, bei einer Explosion einer seiner Bohrinseln im Golf von Mexiko eine schwere Naturkatastrophe verursacht. Ebensowenig ist eindeutig klar, ob ein Lebensmittelkonzern wie Nestlé jetzt als "gut" zu bezeichnen ist, weil er die Menschen auch in Gebieten mit verseuchtem Grundwasser mit sauberem Trinkwasser versorgt, oder ob er "böse" ist, weil er sich dafür bezahlen läßt. Gleiches gilt für einen Pharma-Konzern wie Bayer, dem die Welt lebenswichtige Medikamente verdankt, der diese aber auch in armen Ländern nicht verschenkt.

Rendite-Nachteil und Bauernfängerei

Hinzu kommt: Nicht nur das Abgrenzungsproblem und damit die Gefahr einem Etikettenschwindel aufzusitzen ist groß. Auch die Renditeaussichten von ethisch-ökologisch motivierten Investments sind nicht sonderlich attraktiv. Denn erstens fehlt den meisten Öko- und Ethik-Fonds eine breite Branchenstreuung - die aber ist für eine sichere Geldanlage in Aktien unerlässlich. Und zweitens garantieren ökologische Geschäftsmodelle eben noch lange keine gute Rendite. Wer in der Vergangenheit beispielsweise auf Öko-Fonds gesetzt hat, die häufig stark in Windkraft- und Solar-Aktien investiert sind, erlebte damit teils dramatische Kursverluste. Die Solarworld-Aktie beispielsweise verlor in den letzten fünf Jahren 99 % an Wert. Die Aktie des derzeit weltweit führenden Spezialisten für Photovoltaik-Systemtechnik, SMA-Solar, hat sich allein seit Anfang dieses Jahres halbiert.

Nicht selten sind Anleger, die auf der Suche nach dem ökologisch-ethisch reinen Gewissen sind, zudem leichte Opfer für Bauernfänger. So finden sich aktuell auf der schwarzen Liste der Kapitalanlagen der Stiftung Warentest / Finanztest gleich mehrere Öko-Ethik-Anbieter wie beispielsweise der Windkraftanlagenbetreiber Prokon oder der Teakholzplantagen-Anbieter Green Planet.

Fazit:

Letztlich muss sich jeder Anleger selbst fragen, ob das Thema Geldanlage wirklich das richtige Feld ist, um sich ein gutes Gewissen zu erkaufen. Man muss ja nicht gerade in Rüstungs-Aktien investieren. Was aber nutzt es, sich bei der Geldanlage streng an ethisch-ökologische Kriterien zu halten, wenn man im echten Leben mit dem sprittfressenden SUV umherfährt, beim Textilkauf zu den günstigen Made-in-Bangladesch-Produkten greift und den wohlverdienten Urlaub samt klimaschädlicher Flugreise am anderen Ende der Welt verbringt ?


Mit besten Grüßen


Ihr


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