Itzehoer Aktien Club

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Alle Monatskommentare aus dem Jahr 2015:

29.12.2015 Rückblick 2015: „Hätte man…“
30.11.2015 Aktien in Theorie und Praxis
30.10.2015 Gruseliges Sparverhalten
29.09.2015 Volksaktie auf Crash-Kurs
31.08.2015 Sommerschlussverkauf
31.07.2015 Börsen-Tai-Chi
30.06.2015 Zeit ist Geld ?
29.05.2015 Dividenden-Regen
28.04.2015 Volk, wach auf !
31.03.2015 DAX „XXL“
26.02.2015 Grexit
30.01.2015 Draghis Droge

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Grexit 26.02.2015

GrexitHurra, Griechenland scheint wieder einmal gerettet. Zumindest vorerst. Um genau zu sein für die nächsten vier Monate. Doch ist das wirklich Grund zur Freude? Oder haben die vermeintlichen Euro-Retter ihre im Jahr 2010 begonnene finanzpolitische Amokfahrt lediglich um eine weitere Runde verlängert – und dabei sogar nochmal aufs Gas getreten? Und wichtiger noch: Was bedeutet die Fortsetzung der Rettungspolitik eigentlich für Anleger und Börsianer?

Werfen wir zur Beurteilung der Lage einen Blick auf die Fakten: Die griechische Euro-Tragödie begann im Prinzip nicht erst mit der offiziellen Quasi-Zahlungsunfähigkeit der Hellenen im Jahr 2010, sondern bereits mit der Aufnahme Griechenlands in den Euro-Raum im Jahr 2002. Schon kurze Zeit später stellte sich heraus, dass die Griechen ihren Euro-Beitritt durch "kreative Buchführung" erschwindelt haben. Genau genommen hatten die Griechen nämlich die Stabilitätskriterien für die Aufnahme in den Euro nie erfüllt. Da die Griechen in den Jahrzehnten zuvor ein Hochzinsland mit Zinssätzen von 15% und mehr waren, bestand der Anreiz zum Hineinschummeln in die Euro-Zone für Athen darin, in den Genuss der niedrigen Euro-Zinsen zu kommen.

Tatsächlich nutzten die Hellenen dann auch zwischen 2002 und 2009 die bisher nie gekannten niedrigen Zinsen aus, um sich in großem Stil zu verschulden und sich mit dem geliehenen Geld allerlei Wünsche zu erfüllen: Allen voran üppige Steigerungen der Gehälter und Renten. Während die Reallöhne in Deutschland zwischen 2002 und 2007 praktisch stagnierten, steigerten die Griechen ihren Lebensstandard im gleichen Zeitraum um über 50%, auf Kredit versteht sich - dem Euro und seinen niedrigen Zinsen sei Dank.

Im Ergebnis verschuldeten sich die Griechen dabei nicht nur bis über beide Ohren, sondern verloren zudem aufgrund der stark gestiegenen Löhne auch erheblich an Wettbewerbsfähigkeit. Führende Wirtschaftswissenschaftler weisen daher seit Jahren darauf hin, dass Griechenland zur wirtschaftlichen Genesung insbesondere die Fehlentwicklung der Löhne aus den Vorjahren wieder zurückdrehen muss.

Dazu gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Griechen treten aus dem Euro aus und kehren zur Drachme zurück. So könnte das griechische Preis- und Lohnniveau durch eine Währungsabwertung wieder ins Rechte Lot kommen. Oder man muss kurzerhand die in den Vorjahren durchgeführten Renten- und Lohnerhöhungen wieder rückgängig machen. Von einem einmal erreichten Lebensstandard verabschiedet man sich aber nun einmal freiwillig nur ungern. Eher wählt man da schon (Links-)extrem.

Teure "Rettung"

Der unbedingte Wille der Euro-Politik, Griechenland in der Euro-Zone zu halten, beraubt die Griechen somit der dringend benötigten Möglichkeit, durch eine Abwertung ihrer eigenen Währung wieder ein wettbewerbsfähiges Lohn- und Preisniveau zu erreichen. Doch Verlierer dieser Politik sind nicht nur die Griechen. Allein der deutsche Steuerzahler haftet aufgrund der bisher gezahlten Hilfsgelder für die Griechen-Rettung mit rund 80 Mrd. Euro. Insgesamt haben die Griechen zur Finanzierung ihres im Verhältnis zur eigenen Wirtschaftskraft zu hohen Lebensstandards bereits Rettungsgelder in Höhe von rund 240 Mrd. Euro erhalten. Das macht statistisch für jeden der etwa 11 Millionen Griechen einen Betrag von über 20.000 Euro. Aber natürlich verteilt sich dieses Geld auch unter den Griechen sehr ungleich.

Angesichts der schier endlosen Rettungs-Milliarden, die die Euro-Länder nach Griechenland überweisen und die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemals zurück gezahlt werden können, stellt sich die Frage, mit welchem Recht die Politiker das Geld der Steuerzahler zum Fenster hinauswerfen. Der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch bringt es auf den Punkt: "Ich frage meine Kollegen im Deutschen Bundestag: Wer von Ihnen würde den Griechen aus seiner Privatschatulle nach den gemachten Erfahrungen seit 2010 auch nur einen Cent leihen?". Freiwillig meldete sich da keiner.

Die jüngste Griechen-Rettung ist daher weder für die Griechen selbst noch für die Steuerzahler in den Rettungsländern Grund zur Freude - sondern vielmehr Grund zur Sorge. Das Problem des zu hohen Preis- und Lohnniveaus wird durch immer neue Rettungs-Milliarden nicht gelöst, sondern lediglich hinausgeschoben, künstlich zementiert und letztlich weiter vergrößert. Deutschlands wohl bekanntester Wirtschaftswissenschaftler, Prof. Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut, spricht bereits von der größten Konkursverschleppung aller Zeiten.

Zum Scheitern verurteilt ?

Der Blick in die Geschichte belegt zudem: Noch nie hat eine Währungsunion in der Vergangenheit dauerhaft Bestand gehabt. Länder mit unterschiedlichem Wirtschaftswachstum und unterschiedlichen Lohn-, Produktivitäts- und Preisniveaus benötigen nun einmal auch unterschiedliche Zinssätze - und daher eine eigene Währung.

Griechenland ist jedoch nur ein kleiner Teil des Euro-Problems. Ähnliche, wenn auch abgeschwächte Entwicklungen, waren und sind noch immer in vielen Südländern der Euro-Zone zu beobachten: Zwar scheinen Spanien, Italien und Portugal vorerst gerettet, in all diesen Ländern sind die Schulden allerdings in den letzten Jahren weiter gestiegen. Die Zeche zahlen die Sparer angesichts weiter anhaltender Null-Zins-Politik.

Zum Schluss noch eine gute Nachricht: Nachdem die 1.400 größten Aktiengesellschaften der Welt in 2013 zusammen erstmals über 1 Billionen USD an Dividenden ausgeschüttet hatten, haben die Gewinnausschüttungen der Konzerne mit 1,17 Billionen Euro in 2014 erneut einen Rekordwert erreicht. Die Steigerungsrate der jährlichen Gewinnausschüttungen an Aktionäre betrug rund 11%.

Fazit: Rekordausschüttungen sowie zusätzliche Kurssteigerungen als Belohnung für die Investition der eigenen Ersparnisse in gesunde und produktive Unternehmen? Oder Null-Zins und die Abhängigkeit des Werterhalts der eigenen Ersparnisse von der Euro-Rettungs-Politik in einem Währungsexperiment historischen Ausmaßes? Anlegern mit etwas Sachverstand sollte diese Entscheidung nicht allzu schwer fallen.


Mit besten Grüßen


Ihr


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