Der Euro: Spaltpilz Europas 30.08.2018
Nimmt man den Zeitpunkt der Festlegung der Wechselkurse im Mai 1998, dann ist der Euro mittlerweile 20 Jahre alt. Das erste Jahrzehnt war Party in Südeuropa. Im Zweiten gab es Krisenstimmung. Das dritte Jahrzehnt steht im Zeichen zunehmender politischer Radikalisierung.
Zur Party kam es, weil Südeuropa plötzlich in billigem Geld schwamm. Nach dem Motto „eine Währung, ein Zinsniveau“ fielen die Zinsen in Italien, Spanien & Co. in Richtung des deutschen Zinsniveaus. Die zuvor über Jahrzehnte an hohe Zinsen gewöhnten Südeuropäer konnten ihr Glück über das billige Geld kaum fassen und machten kräftig Gebrauch davon. So entstand der Schuldenberg, der Italien & Co. heute drückt.
Zinsen und Inflation
Hinzu kommt: Das Zinsniveau einer Währung hängt eng zusammen mit der Inflation im Land. Wo Sparer mit einer Geldentwertung von 10% pro Jahr rechnen müssen, werden sie sich nicht mit 5% Zinsen abspeisen lassen. Die Inflation wiederum ist Spiegelbild kultureller und politischer Mentalität: Wo Politiker gewählt werden, die teure Wahlversprechen wie Rentenerhöhung, höhere Sozialleistungen usw. machen, die sich nicht aus der Kasse, sondern nur mit der Notenpresse bezahlen lassen, verliert Geld schneller an Wert. Dass Zins und Inflation in Spanien, Italien & Co. vor der Euro-Einführung höher lagen als in Mittel- und Nordeuropa hatte also seinen Grund. Die im Urlaub geliebte Siesta- und Dolce-Vita-Mentalität führt nun einmal auch wirtschaftlich und damit am Zins- und Kapitalmarkt zu anderen Ergebnissen als deutsches Pflichtbewusstsein und schwäbische Sparsamkeit.
Derart unterschiedliche Kulturen in ein- und dasselbe Währungs- und damit Zins- und Inflations-Korsett zu pressen, kann ebenso wenig funktionieren, wie Reiner Calmund in die „slim-fit“-Hemden von Jogi Löw zu stecken.
Kein Wunder, dass der Euro nach zwei Jahrzehnten bereits deutliche Risse aufweist. Und die werden zusehends größer. Die nächste Zerreißprobe steht unmittelbar bevor: Im September will die neue italienische Regierung ihren Haushaltsplan vorstellen. Anstatt schmerzhafter Einsparungen zum Abbau des angehäuften Schuldenberges stehen Rentenerhöhungen, ein Grundeinkommen von bis zu 800 Euro und Steuersenkungen auf der Agenda - La Dolce Vita lässt grüßen.
Wie geht es weiter ?
Damit steht die Frage im Raum, wie es mit dem Euro in seinem gerade angebrochenen dritten Jahrzehnt weiter geht. Bereits 1995 brachte es der Soziologe Ralf Dahrendorf auf den Punkt: „Das Projekt Währungsunion erzieht die Länder zu deutschem Verhalten. Aber nicht alle Länder wollen sich so verhalten wie Deutschland“. Die Folge heute: Immer mehr Menschen in Europa wählen Anti-Euro-Parteien. Die Südeuropäer, weil sie sich nicht länger von deutscher Sparmentalität gängeln lassen wollen. Und die Gläubigerländer, weil sie nicht dauerhaft das Dolce Vita der Südeuropäer finanzieren wollen. Vieles deutet also darauf hin, dass das dritte Jahrzehnt für den Euro zur Zerreißprobe wird. Entweder gleichen sich die Mentalitäten an oder der Euro scheitert. Das wiederum hätte weitreichende Folgen. Rund eine Billion Euro haben die Südeuropäer bereits allein in Deutschland angeschrieben. Ein Ausfall, bspw. durch einen Euro-Austritt Italiens, würde deutsche Banken und Staatskasse gleichermaßen überfordern. Banksparer und Lebensversicherungskunden wären ebenso die Verlierer wie Rentner und Steuerzahler.
Aktien statt Euro
Sicherheit vor einem solchen Szenario findet sich ausgerechnet da, wo deutsche Sparer es kaum vermuten: in Aktien. Wer sich an erstklassigen internationalen Unternehmen beteiligt, setzt anstatt auf den wackelnden Euro auf grundsolide Sachwerte. Apple, BMW, McDonald´s und Coca-Cola ist es zudem egal, ob sie ihre Produkte in Euro, Yen, US-Dollar oder einer anderen Währung an den Mann bringen. Und das tun sie nicht nur in Europa, sondern weltweit. Eine breite Streuung in erstklassige internationale Qualitätsaktien ist daher der beste Schutz gegen ein drohendes Scheitern des Euros.