Opfer der Zins-Falle 30.03.2021
Was verbindet die Städte Hamburg, Düsseldorf, Bremen, Monheim und Omaha? Sie alle haben einen Bezug zur aktuellen Pleite der Greensill-Bank, die derzeit Schlagzeilen macht. Eine Pleite, die Zins-Anlegern Warnung sein sollte.
Doch der Reihe nach: Seit Jahren kämpfen deutsche Sparer gegen Null- und um sich greifende Strafzinsen. Erst im Februar berichteten Medien, dass die privaten Ersparnisse der Deutschen erstmals überhaupt im Schnitt mit einer Rate von unter Null verzinst werden. Immer öfter sind auch Privatanleger bereits mit mittleren Ersparnissen betroffen: Deutschlands größte Sparkasse, die Hamburger Sparkasse, hat jüngst angekündigt, ab Mai auch von Privaten einen Strafzins von -0,5% zu kassieren. Und das nicht wie bisher erst ab 500.000 Euro, sondern bereits ab 50.000 Euro Guthaben.
Den Negativrekord aber stellt seit kurzem die Düsseldorfer PSD-Bank auf: Sie verlangt bis zu -1% Strafzins. Rechnet man die Inflationsrate von aktuell rund 1,5% pro Jahr hinzu, verlieren Zins-Sparer derzeit Jahr für Jahr 2 bis 3% ihres Vermögens. Das treibt immer mehr Anleger zur Suche nach Alternativen. Wer will schon sehenden Auges in den kommenden 10 Jahren ein Viertel seines sauer Ersparten verlieren? Gut, dass die Suche nach attraktiveren Zinsangeboten dank spezieller Zins-Vergleichsportale im Internet kinderleicht ist. Dumm nur, dass offenbar ausgerechnet die führenden Portale wie „Weltsparen“ und „Zinspilot“ die Anleger an die Bremer Greensill-Bank vermittelt haben. Denn die ist nun pleite.
Das konnte auch die Finanzaufsichtsbehörde BaFin nicht verhindern. Genauso wenig, wie zuvor die P&R Container- oder die Wirecard-Pleite. Tausende Anleger bangen darum aktuell in dieser hierzulande wohl größten Bankpleite seit Lehman-Brothers, seinerzeit in der Finanzkrise, um ihr Erspartes. Erneut zählen nicht nur Privatanleger zu den Opfern. In der Finanzkrise hatten die Landesbanken mit Subprime-Krediten Milliarden verzockt. Diesmal haben zahlreiche Städte und Kommunen Steuergelder bei der Greensill-Bank im Feuer. Allein die Stadt Monheim am Rhein hat Medienberichten zufolge rund 38 Millionen Euro bei Greensill angelegt. Aber auch den Kämmerern von Thüringen, Wiesbaden, Osnabrück, Gießen und weiteren Städten drohen jeweils zweistellige Millionenverluste. All das nur, weil sie versucht haben, dem Strafzins zu entkommen und dabei zu Opfern der Zins-Falle wurden.
Eigentlich hätten Stadtkämmerer und Privatanleger ihren Blick nur in den mittleren Westen der USA, ins Städtchen Omaha, richten müssen. Von dort kam nämlich erst Anfang März Post vom Super-Investor Warren Buffett: „Zinsanlagen sind derzeit nicht der place-to-be“, so Buffetts Warnung in seinem jährlichen Brief an Investoren. Zinssparern stünde eine trostlose Zukunft bevor. Sich angesichts des künstlichen Zinstiefs verzweifelt auf die Suche nach höheren Zinsen zu machen und sein Geld dabei auch unsoliden Schuldnern anzuvertrauen, sei keine Lösung, sondern hochriskant. Was Buffett stattdessen empfiehlt bzw. wo er selbst seine Milliarden investiert, hatten wir bereits in unserem Depotbericht März verraten.
Mehr zum Thema hören Sie auch im aktuellen Radio-Interview von mir mit dem Börsenradio. Soviel vorweg: Während Zinsanleger die Verlierer von Null- und Strafzins sind, stehen Aktionäre auf der Gewinnerseite. Allerdings sollte auch bei der Anlage in Aktien stets gelten: Zocken verboten!