Reich, reicher, Vermögenssteuer? 30.09.2021
Sie war eines der großen Streitthemen im Wahlkampf und könnte auch in den aktuellen Koalitionsverhandlungen noch zum Zankapfel werden: die Vermögenssteuer. Wenn die Reichen immer reicher werden, muss man ihnen eben etwas von ihrem Reichtum wegnehmen und es den Ärmeren im Lande geben, so in etwa die Logik der Wahlprogramme von SPD, Grünen und Linken.
Große Vermögen bestehen vor allem in Form von Betriebsvermögen, welches Arbeitsplätze und damit Wohlstand für alle sichert. Eine Vermögenssteuer würde diese unsere Wohlstandsbasis schädigen und wäre zudem eine unfaire Doppelbesteuerung. Schließlich wurde Vermögen durch Ersparnis von bereits einmal versteuertem Nettoeinkommen gebildet, so hingegen die Argumente der Gegner der Vermögenssteuer.
Richtig ist: Schon heute zahlen Reiche hierzulande vergleichsweise hohe Steuern. Singles und Doppelverdiener werden in Deutschland laut OECD stärker zur Kasse gebeten, als in jedem anderen Land der Welt. Damit liegt die Last zur Finanzierung des im internationalen Vergleich stark ausgeprägten deutschen Sozialstaates bereits heute auf den Schultern relativ weniger: Die 10% Einkommensstärksten tragen hierzulande über 50% des gesamten Einkommensteuer-Aufkommens. An zu geringen Steuern für Reiche scheint es also wohl eher nicht zu mangeln – eher schon an Chancengleichheit aufgrund schlechter Bildungs- und Integrations-Politik. Anstatt eine politische Neiddebatte anzuheizen, sollte man darum Ursachenforschung betreiben und sich fragen: Warum werden die Reichen weltweit immer reicher? Und was kann man tun, um größeren Teilen der Bevölkerung ebenfalls einen Zugang zur Wohlstandsquelle der Reichen zu ermöglichen?
Die Antwort auf den ersten Teil der Frage gibt ein Blick auf die Vermögen der reichsten Menschen der Welt: Egal, ob Jeff Bezos (Amazon), Bill Gates (Microsoft), Marc Zuckerberg (Facebook), Warren Buffett (Berkshire) oder Susanne Klatten (BMW), ausnahmslos alle Superreichen haben ihr Vermögen mit Unternehmensbeteiligungen gemacht. Eine Beobachtung, die auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in seiner Studie zur Vermögensverteilung in Deutschland unter der Überschrift „Millionäre legen ihr Vermögen anders an“ bestätigt. Demnach halten Millionäre im Schnitt 40% ihres Vermögens in Firmenbeteiligungen wie Aktien. Geldwerte wie Sparguthaben oder Lebensversicherungen spielen bei den Reichen hingegen, anders als bei Otto-Normal-Anleger, kaum eine Rolle.
Wer also völlig richtig feststellt, dass die Reichen langfristig immer reicher werden, und zwar insbesondere dank ihrer Unternehmensbeteiligungen, sollte sich fragen, was zu tun ist, um diesen Quell des Wohlstandes einer größeren Bevölkerungsschicht schmackhaft zu machen. Die Beteiligung an der Wirtschaft und ihren Unternehmen steht schließlich über die Börse jedem offen, der das verstanden hat, egal ob als Milliardär oder mit einem 50 Euro Aktiensparplan. Die Verteilung des Wohlstandes über die Börse verläuft zudem höchst gleichberechtigt: Wer als Kleinanleger eine Aktie von Amazon, Microsoft oder BMW besitzt, erzielt damit exakt die gleiche Rendite, wie Jeff Bezos, Bill Gates oder Susanne Klatten. Wo eine derartige Chancengleichheit herrscht, bedarf es eines beherzten Zugreifens der breiten Mittelschicht nach diesen Chancen - aber sicher keiner Diskussion über noch mehr Umverteilung.
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