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Lehman-Krise 2.0 29.03.2023

Bankenkrise Credit SuisseAls im Herbst 2008 die globale Finanzkrise losbrach und Millionen Anleger weltweit um ihr Vermögen brachte, stand ein Großereignis im Zentrum des Geschehens: die „Lehman-Pleite“ - der Konkurs der seinerzeit weltgrößten Investmentbank Lehman Brothers. Heute, knapp 15 Jahre später, bebt das Welt-Finanzsystem erneut: Mit der Credit Suisse musste jüngst die zweitgrößte Bank der Schweiz und eine der Größten Europas gerettet werden. Es grenzt an Ironie des Schicksals, dass der Bank-Chef ebenfalls Lehmann heißt, Axel Lehmann. Bezogen auf den Namen kann man also bereits von einer Neuauflage der Lehman(n)-Krise sprechen. Ob die Pleite der Credit Suisse auch für Anleger und Kapitalmärkte einen neuen Lehman-Moment bedeutet, ist hingegen noch offen.

Der Rettung der Credit Suisse gingen jedoch bereits mehrere Bankenpleiten in den USA voraus. Mit der Silicon Valley Bank kam es Anfang März gar zur zweitgrößten US-Bankenpleite seit der Finanzkrise 2008. Und die Liste weiterer strauchelnder Regionalbanken in den USA ist derzeit lang. Doch wie bereits 2008 ist auch diesmal die Bankenkrise nicht regional begrenzt - zu vernetzt ist das weltweite Finanzsystem. Der Index für europäische Bankaktien stürzte im März innerhalb weniger Tage um fast 20% ab. Die Aktien von Deutscher und Commerzbank traf es noch schlimmer. Um eine Vertrauenskrise zu vermeiden, betonen Regierung und Notenbank derweil, deutsche und europäische Banken seien sicher. Auch dies eine Parallele zur Finanzkrise 2008.

Auslöser der aktuellen Krise ist die historische Zinswende der letzten Monate: die mindert einerseits den Wert der in den letzten Jahren zu Niedrigzinsen vergebenen langlaufenden Kredite, während andererseits gleichzeitig die Refinanzierungskosten der Banken steigen. Beispiel: Eine Bank hat im Jahr 2021 einen Immobilienkredit für 20 Jahre zum Festzins von 1% pro Jahr an einen Häuslebauer vergeben. Das Geld dafür hat sie sich selbst nur geliehen - bei der Notenbank oder bei ihren Kunden in Form derer Einlagen. Der Zins an Kunden und EZB damals: 0%, die Zinsdifferenz von 1% streicht die Bank ein.

Nun hat die Bank allerdings ein Problem: Vom Häuslebauer erhält sie weiterhin 1% Zinsen pro Jahr bis zum Ende der Kreditlaufzeit 2041. Die EZB verlangt hingegen mittlerweile 3 bis 4% - und auch die Kunden lassen sich nur noch zähneknirschend mit 0% Guthabenzins abspeisen. Das Geschäft mit dem langfristig günstigen Kredit für den Häuslebauer wird für die Bank zum Verlustbringer. Das zentrale Geschäftsmodell der Banken, die sogenannte Fristentransformation nach dem Motto "Borge kurz, leihe lang" geht in Zeiten steigender Zinsen nach hinten los. Gleiches gilt für die niedrig verzinsten Anleihen – verbriefte Kredite, vornehmlich an den Staat - welche die Banken in den letzten Jahren erworben haben. Selbst die gemeinhin als sicher angesehenen Sparkassen und Volksbanken sind hart von den Folgen der Zinswende betroffen. Das belegen die jüngst verkündeten notwendigen Wertberichtigungen in Milliardenhöhe.

Tatsächlich ist die aktuell drohende Bankenkrise für Sparer gleich doppelt misslich: Einerseits stellt sich angesichts jüngster Schlagzeilen um Bankenpleiten zunehmend die Frage, wie sicher das sauer Ersparte bei der eigenen Bank noch ist. Und selbst, wenn es das ist: Da die Banken den Zinsanstieg bislang kaum an ihre Kunden weitergeben, verlieren die Ersparnisse bei der Bank angesichts über 8% Inflation selbst dann dramatisch an Wert, wenn die Bank das Geld am Ende zurückzahlt. Anleger sollten dieser Tage darum gut überlegen: Will ich mein Erspartes in einer sich abzeichnenden Finanzkrise wirklich auf dem Konto liegen lassen, es somit der Bank leihen? Und das zu 0% oder nahe 0% Zinsen, bei gleichzeitig über 8% Inflation? Falls nein, sollte man als Anleger tätig werden. Dumm nur: Wenn sich diese Erkenntnis durchsetzt und viele Anleger ihre Bankeinlagen umschichten, nennt man das einen „Bank-Run“. Und dann hätten wir in der Tat die Lehman(n)-Krise 2.0.


Mit besten Grüßen


Ihr


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