Itzehoer Aktien Club

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Droht den USA die Pleite ? 29.07.2011

Seit Tagen beherrscht ein Thema die Wirtschaftsnachrichten: Einigt sich der Kongress in den USA nicht auf eine Anhebung der Schuldengrenze, ist die größte Wirtschaftsmacht der Welt am 2. August zahlungsunfähig. Das wäre in genau vier Tagen, also am kommenden Dienstag. Hört sich dramatisch an, ist es aber nicht. Vielmehr handelt es sich hier um ein Beispiel par excellence, wie die Medien aus reinem Eigeninteresse in Form einer Steigerung ihrer Auflagen vollkommen unangemessen dramatisieren. Denn bekanntlich erhöhen schlechte Nachrichten, wie die über einen drohenden Weltuntergang oder eine US-Pleite, die Auflage, während über gute Nachrichten nur müde gegähnt wird.

Und Auflagensteigerungen haben insbesondere die klassischen Printmedien derzeit bitter nötig. In Zeiten von kostenlosen Nachrichten aus dem Internet stehen nämlich die Zeitungsverlage derzeit in Bedrängnis. Warum soll man auch einen oder zwei Euro für eine Printzeitung ausgeben, wenn man die gleichen Inhalte auch auf der entsprechenden Verlagshomepage kostenlos nachlesen kann ? Ergo: Um das eigene Überleben zu sichern, muss die Auflage gesteigert werden. Und da sich das am besten mit Katastrophenschlagzeilen erreichen lässt, überbieten sich die Verlage derzeit in der Dramatisierung der Faktenlage. Und das nicht nur in Sachen US-Pleite. Fukushima und EHEC lassen grüßen.

Doch was sind denn jetzt die Fakten zum US-Schuldenproblem ?
Nun, erst einmal ist festzuhalten, dass die USA mit rund 90 % ihrer Wirtschaftsleistung nicht höher verschuldet sind, als die EU. Während Italien mit 120 % seiner Wirtschaftsleistung verschuldet und bei weitem nicht pleite ist, belaufen sich die Schulden der Griechen mittlerweile auf 160 % und stellen ein Problem dar. Doch selbst der derzeitige wirtschaftliche EU-Musterschüler Deutschland ist mit über 80 % seines Sozialproduktes verschuldet. Die Verschuldung der USA ist also nur wenig höher als die deutsche.

Warum dann also die aktuelle Panik ?
Nun, um die Verschuldung nicht unkontrolliert steigen zu lassen, sehen es die Gesetze in den USA vor, dass der Kongress regelmäßig eine Obergrenze für die Schulden festlegt. Dies ist allein in den letzten 50 Jahren 74 mal passiert und gehört damit zum politischen Alltag in den USA. In diesem vom Kongress beschlossenen finanziellen Rahmen muss die amtierende US-Regierung dann wirtschaften. Mehr Geld auszugeben, ist ihr nicht erlaubt. Sollte das Geld nicht ausreichen, kann die Regierung nicht ungezügelt weitere Schulden machen, sondern muss sich einen Nachschlag vom Kongress genehmigen lassen.

Genau in einer solchen Situation befinden sich die USA derzeit. Aufgrund erhöhter staatlicher Kosten und geringerer Steuereinnahmen als Nachwehen der Finanzkrise haben die USA ihr selbst gestecktes Schuldenlimit erreicht und müssen jetzt politisch intern darüber verhandeln, wie hoch der Nachschlag ausfallen soll. Klar, dass bei einer solchen Verhandlung jede politische Seite versucht, einen Vorteil herauszuschlagen und ihre Zustimmung an Bedingungen knüpft.

Vollkommen klar ist damit aber auch, dass die USA keinesfalls ein Bonitätsproblem haben. Ganz im Gegenteil: Nach wie vor sind die USA entgegen aller panikmachenden Zeitungsschlagzeilen absolut kreditwürdig, abzulesen an den Anleihenrenditen. Oder warum sollten Anleger weltweit nach wie vor bereit sein, den USA Geld für zehn Jahre zu 3,3 % zu leihen ? Oder für drei Jahre zu 0,8 % ? Sollten die USA tatsächlich in vier Tagen pleite sein, wie die Medien es suggerieren, würden Anleger doch erheblich höhere Zinsen fordern. Siehe Griechenland: Dass die Hellenen tatsächlich pleite sind, sieht man daran, dass Athen für geliehenes Geld derzeit je nach Laufzeit Zinssätze zwischen 16 % und über 30 % pro Jahr zahlen muss.

Die USA hingegen haben ein rein internes politisches Problem. Und ja, sollten sich die Parteien nicht kurzfristig über eine Anhebung der Schuldengrenze einigen und der Regierung somit ab Mitte kommender Woche nicht mehr genug Geld zur Verfügung stehen, um Beamtengehälter, Renten, Sozialleistungen oder auch den Schuldendienst zu leisten, könnte es sein, dass Gläubiger der USA bis zu einer Einigung der Parteien für einige Tage keine Zinsen erhalten. Aber eines ist ebenso sicher: Sobald die unumgängliche Einigung zwischen den zerstrittenen Parteien dann erfolgt ist, werden die USA jeden einzelnen Cent ihrer Zinsschulden inklusive Zins und Zinseszins ebenso nachzahlen, wie Renten, Beamtengehälter und Sozialleistungen. Das schon aus ureigenstem Interesse, um ihre eigene erstklassige Bonität nicht in Frage zu stellen und auch zukünftig weiter kreditwürdig zu sein.

Warum diese Aspekte nicht in den Wirtschaftszeitungen zu finden sind ? Weil sie das Thema drohende US-Pleite entdramatisieren und damit nicht zur Steigerung der Auflage geeignet sind.


Mit besten Grüßen


Ihr


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