Gier frisst Hirn 30.07.2019
Für viele deutsche Sparer dürfte eine Rendite von 15% im laufenden Jahr eine ziemlich gute Nachricht sein. Sie würden vor Freude jubeln. Leider bleibt so eine Rendite im Nullzinsumfeld für die meisten reine Utopie. Nicht so für uns im IAC: Über unsere 50 internationalen Qualitätsaktien von Apple über Nestlé und BMW bis hin zu Walt Disney profitieren wir vom derzeit guten Börsenumfeld.
Um so erstaunter war ich, als mich kürzlich ein Clubmitglied anrief und sich über die „schlechte Wertentwicklung“ beschwerte. Er würde sein Geld jetzt aus unserem Club-Fonds abziehen und in einen Fonds für US-Aktien investieren. Die US-Börse habe dieses Jahr bereits über 20% zugelegt, anstatt nur 15% wie im IAC. Und er wolle schließlich die beste Rendite für sein Geld.
Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Ich habe mich jedenfalls gefragt, warum der Anrufer sein Geld nicht gleich in einen Fonds für weltweite Technologieaktien investiert. Weiß er nicht, dass die im laufenden Jahr bereits über 35% im Plus liegen? Oder in chinesische Technologiefirmen. Die haben letzte Woche zur Geburt des „Star-Markets“ – einer Art chinesischer Neuer Markt – am ersten Handelstag im Schnitt um über 100% zugelegt. An einem Tag wohlgemerkt!
Gefährliche Renditejagd
Es findet sich also immer irgendwo ein noch höherer Gewinn als im eigenen Depot. Doch was heißt das schon? Als Anleger sollte man sich darüber klar sein, dass die meisten Menschen bei der Geldanlage von ihren Emotionen getrieben werden: Angst und Gier. Während die einen, aus Angst Fehler zu machen, an ihren vermeintlich sicheren Zinsanlagen hängen und dabei im Nullzinsumfeld sogar den schleichenden Verlust ihres Ersparten hinnehmen, kriegen andere den Hals nicht voll. Auf der Jagd nach noch mehr Rendite riskieren sie alles, bis hin zum Totalverlust.
Im IAC konnten wir derartiges Verhalten seit unserer Gründung 1998 zuhauf beobachten: Im Jahr 1999 beispielsweise – die Börse war weltweit in Feierlaune und unser Jahresergebnis lag bei stolzen +37% – beschwerten sich ebenfalls zahlreiche Anleger über die „schlechte Rendite“. Der Neue Markt würde derartige Gewinne schließlich in einem Monat liefern. In den 2000er Jahren wiederholte sich das gleiche aufgrund der temporär besseren Wertentwicklung erst von China-Aktien (2007), dann von Goldminen-Aktien (2011) sowie gefolgt von Öl-Aktien (2013). Vor zwei Jahren war es dann die Kursexplosion des Bitcoins, die Renditejäger dazu brachte, ihre Qualitätsaktien für vermeintlich bessere Renditechancen in Kryptoanlagen zu tauschen.
Den Weg zurück zu Qualitätsaktien hat von all diesen Anlegern, soweit ich erinnere, kein einziger gefunden. Das kann natürlich bedeuten, dass die Rechnung für die Renditejäger aufgegangen ist und sie mit ihren Anlagen nach wie vor Traum-Renditen einfahren. Oder aber, dass sie ihr Geld auf der Suche nach maximaler Rendite verzockt bzw. so hohe Verluste erlitten haben, dass sie Jahrzehnte brauchen werden, um diese auszusitzen. Wer die weitere Entwicklung von Neuer Markt, China-, Gold- und Öl-Aktien sowie des Bitcoins kennt, wird eher auf letzteres tippen.
Derzeit verlockend: US- und Tech-Aktien
Warum erzähle ich Ihnen vom aktuellen Anruf unseres Clubmitgliedes? Nun, zwar beobachten wir derzeit noch nicht, wie in den früheren Fällen, gehäufte Umschichtungen in vermeintlich renditeträchtigere Anlagen. Viel scheint mir allerdings beim Blick auf die derzeit starke Rendite von US- und insbesondere Technologie-Aktien auch nicht mehr zu fehlen. Dabei ist es gerade mal 12 bzw. 16 Jahre her, dass US- bzw. Technologie-Aktien deutlich schlechter liefen als der Rest der Welt. Schon damals kehrten uns Renditejäger den Rücken - aber nicht etwa, weil wir zu wenig, sondern weil wir zu viel davon hatten. So ändern sich die Zeiten. Unsere Ausrichtung im IAC auf Qualitätsaktien verschiedenster Länder und Branchen hingegen bleibt - allein schon aus Sicherheitsgründen.
Und wie sagte bereits Super-Investor Warren Buffett:
„Der dümmste Grund, eine Aktie zu kaufen, ist, weil sie gerade steigt“.
Wer auf jeden Zug aufspringt, nur weil der gerade schneller fährt als der eigene, läuft Gefahr, systematisch in Kursblasen zu investieren und die Talfahrt beim Platzen voll mitzumachen. Auch Qualitätsaktien sollte man nicht kaufen, weil sie im laufenden Jahr gerade um 15% gestiegen sind, sondern weil man etwas Grundlegendes verstanden hat: dass man sich damit an erstklassigen Weltkonzernen beteiligt und so mit seinem Geld anstatt von kurzfristigen Börsentrends vom langfristigen Wachstum der Weltwirtschaft profitiert. Doch das ist eine ziemlich rationale Überlegung - und die fällt Renditejägern schwer. Denn Gier frisst bekanntlich Hirn.