Höhenangst an der Börse 28.02.2024
Derzeit macht sich unter Aktionären ein Gefühl der Höhenangst breit. Während im normalen Leben rund jeder Dritte unter ihr leidet, treten die Symptome unter Börsianern nur temporär auf. Meist, wenn die Börse wie aktuell neue Allzeithochs erreicht. Ähnlich einem Bergsteiger sorgt sich dann manch ein Aktionär vor der neuen als schwindelerregend empfundenen Höhe, sieht die Luft für weitere Anstiege dünn werden und ängstigt sich teils gar vor einem bevorstehenden Absturz.
Doch die Börse ist eben kein Berg, an dem es auf der einen Seite rauf und auf der anderen Seite entsprechend wieder runter geht. Zwar weist auch die langfristige Börsenkurve den ein oder anderen Zwischen-Gipfel samt folgendem Zwischen-Tal auf. Der langfristige Trend aber verläuft an der Börse anders als eine Bergwanderung stetig aufwärts. Grund dafür: Langfristig folgen Aktienkurse und damit die Börse den Unternehmensgewinnen. Diese wiederum folgen den Umsätzen, sprich dem erzielten Erlös aus verkauften Einheiten mal aktuellen Preisen. Verkauft beispielsweise der Automobilkonzern BMW in einem Jahr 2 Million Autos zu im Schnitt 50.000 Euro pro Fahrzeug, beträgt der Umsatz 100 Mrd. Euro. Verdient BMW im Schnitt pro Fahrzeug 10%, verbleibt ein Gewinn von 10 Mrd. Euro in der Konzernkasse.
Zwei Trends sorgen dafür, dass dieser Gewinn über alle Unternehmen hinweg betrachtet im Schnitt langfristig steigt: Erstens Inflation, sprich der schleichende Wertverlust unseres Geldes, aufgrund dessen BMW, Apple, Coca-Cola & Co. Jahr für Jahr höhere Preise für ihre Produkte verlangen. Und zweitens die Tatsache, dass Unternehmen zumindest im Schnitt ihren Output, also die Menge hergestellter und verkaufter Einheiten, steigern. Dies gelingt aufgrund des stetigen Produktivitätsfortschritts in Form besserer Maschinen, effizienterer Produktionsmethoden und ständig steigendem Know-How.
Das so steigende Angebot trifft dabei auf eine Jahr für Jahr um rund 80 Millionen Menschen steigende Weltbevölkerung und eine gerade in den bevölkerungsreichen Ländern der Erde stetig wachsende Mittelschicht. Um eine wachsende Käuferschicht, der die Firmen ihre Produkte und Dienstleistungen verkaufen können, müssen sich die Konzerne also nicht sorgen. Kurzum: Da die zugrundeliegenden Wachstumstrends für Umsatz- und Gewinnsteigerung der Firmen langfristig nur eine Richtung kennen, nämlich aufwärts, gilt dies auch für die Aktienkurse und damit für die Börse selbst.
Wäre die Börse hingegen ein Berg, bei dem es nach Erreichen des Gipfels wieder den gesamten Weg zurück ins Tal ginge, müsste das auch für die zugrundeliegenden Wachstumstrends gelten. Doch glaubt ernsthaft jemand, dass trotz steigender Weltbevölkerung und wachsender globaler Mittelschicht langfristig weniger Autos, Handys, Nahrung usw. verkauft werden? Oder dass das seit Beginn der industriellen Revolution ständig zunehmende Wissen um effizientere Produktionsmethoden demnächst zum Stillstand kommt bzw. verloren geht – allemal vor dem Hintergrund der eben erst in Fahrt kommenden Revolution bei künstlicher Intelligenz? Oder dass unser Geld nach Jahrhunderten der Inflation demnächst zur Abwechslung mal mehr wert wird anstatt weniger und ein BMW X5 in ein par Jahren für nur noch 30.000 Euro anstatt wie aktuell eher 100.000 Euro zu haben ist?
Wer diese Fragen verneint, hat sich selbst die Medizin gegen die aktuell unter Aktionären umgehende Höhenangst verabreicht. Kurzfristige Korrekturen sind an der Börse jederzeit möglich, dazu bedarf es nicht mal neuer Rekordstände. Der langfristige Börsentrend verläuft jedoch weiter aufwärts.